Produktionsdaten in echte Wettbewerbsvorteile verwandeln

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Daten sind bekanntermaßen das neue Öl, das die Digitalisierung in allen produktionsorientierten Unternehmen in großen Mengen zutage fördern kann. Es gilt, diesen Wert als solchen zu erkennen, um ihn in geschäftsrelevantes Wissen zu verwandeln. Das ist oft sehr viel einfacher zu bewerkstelligen, als es auf den ersten Blick aussieht – egal, ob Sie in Ihre Produktionsanlagen vor 50 Jahren oder gerade jetzt investiert haben. Wie das in der Praxis funktioniert, erläutert Ihnen Thomas Neumann, Senior Consultant bei pco, im nachfolgenden Interview.

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01. April 2019
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Thomas Neumann

Interview

Herr Neumann, grundsätzlich gefragt: Warum braucht ein Unternehmen Daten aus der Produktion? Reicht es nicht, einfach zu zählen, was im Verlauf der Schicht produziert wurde?

Thomas Neumann: Es wird viel Potenzial verschenkt. Statt auf der Grundlage von konkreten Werten und daraus erzeugtem Wissen belastbare Entscheidungsgrundlagen zu schaffen und weiteren Nutzen – zum Beispiel für Kunden – zu generieren, verlässt man sich auf sein „Bauchgefühl“. Hier ist aber jedes Unternehmen individuell zu betrachten.

Viele Unternehmen erfassen Daten nicht, weil der konkrete Nutzen nicht erkannt wird oder die Erfassung als zu aufwendig erscheint. Eine manuelle Erfassung ergibt aufgrund des damit verbundenen Aufwands sowie der im Nachgang notwendigen Aufbereitung keinen Sinn. Zudem sind ERP- und Produktionsleitsystem oft nicht miteinander vernetzt.

Wie kommt ein Unternehmen heute an Daten – und somit Wissen – aus dem Bereich der Produktion?

Thomas Neumann: Man kann in der Produktion vieler Unternehmen allgemein zwischen drei Kategorien von Maschinen unterscheiden. Oft findet man noch alte Maschinen vor, die über wenig Intelligenz verfügen bzw. keine externe Datenschnittstelle bieten.

Hier hat man die Chance, über externe Sensorik, wie beispielsweise Zählwerke, Thermometer, Beschleunigungsmesser, Akustiksensoren oder auch eine SPS-Schnittstelle, zumindest allgemeine Daten der Maschine, wie z. B. Laufzeit und Umgebungsparameter, zu erfassen. Dies ist schon sehr hilfreich, um Wartungsintervalle effizienter zu gestalten oder die Gesamtanlageneffektivität (GAE, englisch OEE, Overall Equipment Effectiveness) einer Maschine besser greifen und verbessern zu können. Dabei handelt es sich um eine Kennzahl, mit deren Hilfe auf einen Blick sowohl die Produktivität einer Anlage als auch deren mögliche Verluste – sprich Schwachstellen – dargestellt werden.

Die zweite Kategorie umfasst Produktionsanlagen, die schon über eine gewisse Intelligenz und eine externe Datenschnittstelle verfügen, die aber nicht im modernen Sinne netzwerkfähig sind. Dort werden verschiedene Bussysteme eingesetzt, um sie in das Unternehmensnetzwerk zu integrieren und die Daten so auslesen zu können. Die von der Maschine zur Verfügung gestellten Daten müssen dann aufbereitet, gespeichert und ausgewertet werden.

Die letzte Kategorie umfasst moderne Produktionsanlagen, die ihre Informationen in allen Details zur Verfügung stellen und schon über externe Schnittstellen verfügen, um z. B. mittels Browser gesteuert werden zu können. Hier geht es eher darum, große Menge an Daten zu speichern, zu analysieren und visuell erfassbar zu machen.

Macht die Gewinnung und Auswertung von Produktionsdaten mein Geschäft über die reine Prozessüberwachung und Steuerung hinaus besser?

Thomas Neumann: Auf jeden Fall. Primär wird im Rahmen des allgegenwärtigen und viel zitierten „Industrie 4.0“-Hypes über die Prozessoptimierung und -vernetzung in der Produktion und Logistik gesprochen. Ich sehe es als notwendig an, den „Internet of Things“-Gedanken, d. h. die Nutzenoptimierung von Konsumgütern für den Endverbraucher, ebenfalls in die Betrachtung aufzunehmen. Für mich gehören in diesem Zusammenhang auch die industriellen und gewerblichen Kunden eines Unternehmens zu den Konsumenten.

Kurzum: Es geht darum, die in der Produktion und Logistik erfassten Daten in der GESAMTEN Wertschöpfungskette zu nutzen. Daher müssen neben der Produktion auch die anderen Unternehmensbereiche wie Marketing, Vertrieb, Personal und IT an der Gestaltung mitarbeiten. Aus unserer Erfahrung heraus entstehen so wirklich tolle, innovative Lösungen.

Und wie hilft pco einem Unternehmen konkret dabei, Zugang zu seinen Produktionsdaten zu bekommen und diese in Mehrwerte zu verwandeln?

Thomas Neumann: pco bietet für alle drei der eingangs genannten Maschinen- und Anlagenkategorien individuelle Lösungen auf Basis erprobter „Best Practices“ an.

Wir unterstützen beispielsweise bei der Definition von Use Cases, integrieren die notwendigen Sensoren an bzw. in den Maschinen. Idealweise setzen wir für die ersten Schritte fertige Plug-and-Play-Lösungen ein, die mit geringem Aufwand erste Analysen ermöglichen. Bestehende Maschinen mit ihren Bussystemen integrieren wir in vorhandene IT-Infrastrukturen, erarbeiten dafür Sicherheitskonzepte und setzen diese um.

Letztendlich sorgen wir auch für die Speicherung und Analyse der Massendaten – Stichwort „Big Data“ – sowie die aussagekräftige Visualisierung der Ergebnisse. Dabei hilft auch unser eigenes, nach ISO27001 zertifiziertes Rechenzentrum, aus dem wir schnell Lösungen und Infrastrukturen bereitstellen und flexibel abrechnen können.

Herr Neumann, wir bedanken uns für das Gespräch.

Fazit der Redaktion

Auch die hier beschriebenen praxisorientierten Vorgehensweisen zeigen: Die Digitalisierung kann den Handlungsspielraum eines jeden Unternehmens um ein Vielfaches erweitern. Worauf es ankommt, ist der Wille, „einzusteigen“, Ideen zu entwickeln, mit den vorhandenen Möglichkeiten zu beginnen und sich Schritt für Schritt zu entwickeln – statt den Zug abfahren zu lassen.

Also: Auch wenn Sie zum Beispiel ein 50 Jahre altes, „vollanaloges“ Sägewerk betreiben, können Sie eine Lichtschranke und eine Digitalkamera installieren und so die gesägten Meter pro Tag und die einzelnen Stämme automatisch in einer Datenbank erfassen. Das ist das Ende des Bauchgefühls, denn am Ende erkennen Sie aufgrund dieser lückenlosen digitalen Dokumentation, wie es um die Gesamtanlageneffektivität Ihrer Säge tatsächlich steht, was möglicherweise Probleme verursacht und wie Sie gegensteuern können.

Thomas Neumann

Thomas Neumann

Consultant OT-Security

Consulting Services

0541 605 1500