Als Frau in der IT durchstarten. Geht nicht? Geht doch!
Jana: Herzlich Willkommen Sarah zu unserem Interview. Stell Dich doch einmal vor: Wer bist Du, was hast Du bisher gemacht und was machst Du heute?
Sarah: Hallo Jana, vielen Dank für die Einladung zum Interview und das Interesse an meinem bisherigen Weg, der mich letztendlich zu pco führte.
Mein Name ist Sarah Reinke, ich bin 40 Jahre alt, habe einen älteren und einen Zwillingsbruder, komme aus dem wunderschönen Osnabrücker Landkreis und bin eigentlich auch ein typisches Dorfkind. Nach meiner Realschulzeit habe ich mich eher im Gesundheitswesen gesehen und daher zunächst eine Ausbildung als Arzthelferin in einer großen orthopädischen Praxis in Melle absolviert. Mit einer Zwischenstation habe ich dort bis 2012 hauptsächlich als Chefarztassistentin gearbeitet.
2013 habe ich den Absprung geschafft und bei einem IT-Dienstleister im Gesundheitswesen für den Softwaresupport angefangen. Nach sechs Jahren bot sich dann die Gelegenheit, noch eine Umschulung zur Fachinformatikerin für Systemintegration zu machen, welche ich im Juli 2021 erfolgreich beendet habe. Seit Januar 2022 bin ich als Inside Account Manager für Cyber Security bei pco tätig.
Warum IT?
Jana: Du kommst eigentlich aus einer anderen beruflichen Richtung. Was war Dir bei der Entscheidung für einen neuen Weg wichtig?
Sarah: Meine Brüder und ich haben in den 90igern schon viel mit Computern und Konsolen gedaddelt, ich war oft bei LAN-Partys dabei und hab dadurch schon einiges an IT-Knowhow mitnehmen können. Wenn es in der Praxis IT-Probleme gab, egal ob Soft- oder Hardware, war ich immer die Erste, die das fixen sollte. Erst wenn ich nicht weiterkam, wurde der Support angerufen.
Der Gedanke sich beruflich umzuorientieren, kam 2010. Den Rest meines Lebens als Arzthelferin zu arbeiten, konnte ich mir nicht mehr vorstellen. Wenn nicht jetzt, dann ist es vielleicht zu spät und ich wusste, dass ich mehr kann. Mein Traum war es, andere Praxen mit Soft- und Hardware zu optimieren und mein Wissen weiterzugeben. Dann habe ich zur richtigen Zeit die richtige Tür gefunden und bin einfach durchgegangen.
Jana: Die Welt der IT ist oft mit dem Vorurteil behaftet "nerdig" zu sein. Warum hast Du Dich für die IT entschieden und was fasziniert Dich an der IT?
Sarah: Ja… das ist wohl so. Was sagt denn das Wort „Nerd“ aus? Jemand, der sehr intelligent ist und viel Zeit am Computer verbringt. Also laut Definition 100 % richtig. Bisher kenne ich aber auch kaum ITler, die nicht auch privat am PC oder auf einer Konsole zocken und die Geräte entsprechend reparieren und warten. Nerd sein bedeutet ja auch übertriebenes Interesse bzw. Detailliebe an Science-Fiction, Superhelden, Fantasy, Gesellschaftsspiele usw. Themen, die auch so unter Kolleg:innen mal ausgetauscht werden, allerdings auch unabhängig vom Berufsfeld.
An der IT fasziniert mich die Vielfalt und der enorme Fortschritt der Technologien. IT ist allgegenwärtig und es schadet nicht, die Basics zu verstehen, um sich in dieser schnelllebigen Zeit digital besser zurecht zu finden. IT macht im Alltag Vieles angenehmer und einfacher, nur das, was dahintersteckt, wird meistens komplexer. Und wenn ich mal einen Rat oder Hilfe brauche, dann habe ich durch mein Netzwerk schnell jemanden, der oder die es definitiv besser kann oder weiß als ich - das ist großartig!
Jana: Was sind Deiner Meinung nach die Vorteile, in der IT zu arbeiten?
Sarah: Die IT hat viele verschiedene Facetten und je nach Stärken ist da für fast jeden etwas dabei. Es ist zukunftssicher, bietet Flexibilität, Perspektiven, Aufstiegschancen und natürlich durch den Fachkräftemangel auch attraktive Gehälter. Das wäre als Arzthelferin nicht möglich und hat natürlich auch zu meiner Entscheidung beigetragen.
Neustart und Herausforderungen
Jana: Wie war Dein Einstieg damals bei dem IT-Dienstleister? Was lief damals bei Dir richtig gut?
Sarah: Der Einstieg war für mich tatsächlich im Bereich Support gar nicht so schwierig, da ich die Software ja schon gut kannte und ich hier hauptsächlich auch mit Kolleg:innen eng zusammengearbeitet habe. Mir wurde damals sogar schon öfter von verschiedenen Kolleg:innen gesagt: „Eigentlich gehörst Du in die Technik und nicht in den Softwaresupport“. Bei der Umschulung war die Aufnahme in der Klasse und die Unterstützung von Kolleg:innen und Mitschüler:innen toll. Kunden haben mich ebenfalls immer respektvoll behandelt.
Hervorzuheben ist hier vielleicht auch, dass ich zu Beginn meiner Umschulung die Projektleitung für eine komplette Umstrukturierung meiner damaligen Ausbilderpraxis übernehmen konnte (d.h.: Beratung, Angebote, Aufträge, Terminkoordination, Teameinteilung für Installation und Schulung vor Ort mit eigener Beteiligung, Rechnungen schreiben). Trotz geringer Erfahrungen im Bereich Projektmanagement lief das richtig gut!
Jana: Gab es auch Herausforderungen? Hürden? Was lief vielleicht nicht so gut?
Sarah: Dadurch, dass ich das 1. Lehrjahr bei der Umschulung übersprungen habe, fehlten mir die Elektrotechnik-Basics, RAID-Systeme und der Einstieg in die Programmiersprache C++. Da musste ich nebenbei erst noch etwas nacharbeiten, was sehr zeitintensiv war und mir auch in der Abschlussprüfung schwerfiel. Ich konnte es aber mit meinem Projekt und der Dokumentation noch gut kompensieren.
Warum pco?
Jana: Was war der Hauptgrund, warum Du Dich vor knapp einem Jahr für pco entschieden hast?
Sarah: Auf pco bin ich erstmals durch meine Mitschüler Lukas Stecher und Torben Flacke aufmerksam geworden. Dadurch, dass sich in meinem Privatleben viel verändert hat, passte eine Tätigkeit im Support einfach nicht mehr. Ich habe gezielt nach mehr Vertrauen, Flexibilität, Selbstständigkeit und auch die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten gesucht, um auf die Work-Life-Balance zu achten. Mit pco habe ich den perfekten Arbeitgeber gefunden.
Mich haben die Professionalität und die vielseitigen Möglichkeiten begeistert. Ein sehr modernes, innovatives Unternehmen, hier stimmt die Wertschätzung und ich bin dankbar dafür, dass mir als Frau in der IT eine Chance gegeben wird, mich weiterzuentwickeln und zu verwirklichen.
Jana: Was genau sind heute Deine Aufgaben bei pco?
Sarah: Meine Aufgaben als Inside Account Manager im Cyber Security Team umfassen Angebote erstellen/pflegen, Aufträge erstellen und disponieren, Bestellungen und Lieferungen koordinieren, Account-Management, Kundenaquise und Terminierung mit Sales Specialists.
Jana: In welche Themen musstest Du Dich richtig einarbeiten?
Sarah: Da ich auch aus einem Bereich komme, in dem Security-Maßnahmen nur sehr rudimentär umgesetzt wurden (wenn überhaupt), dann in so gut wie allen heutigen Standards für mittelständische bis große Unternehmen. Das ist eine komplett andere Hausnummer von User Protection über Firewalls zu SOC und IRT. Auch die Bedienung des ERP und die für meine Arbeit relevanten Dinge musste ich erst lernen. Sowohl das Team als auch die Schulungsmöglichkeiten intern und extern machen es einem dann aber auch sehr angenehm!
Jana: Viele Frauen scheuen die IT, weil sie denken, dass sie viel Vorwissen mitbringen müssen. Ist das so?
Sarah: Grundsätzlich sollte man sich in erster Linie dafür interessieren. Man kann alles lernen, aber logisches und technisches Verständnis sind hier von Vorteil.
Traut euch, es lohnt sich!
Jana: Hast Du das Gefühl, Du musst Dich als Frau manchmal mehr beweisen, weil es eine eher männerdominierte Branche ist?
Sarah: Hier kann ich nur von mir sprechen. Bisher wurde ich immer respektvoll behandelt, das vorweg. Bei Vorstellungsgesprächen nach der Umschulung, war zwar jeder interessiert mich einzusetzen, aber teils fehlte tatsächlich die Erfahrung, Spezialwissen, oder es hat nicht zu meiner Lebenssituation gepasst. Im Alltag würde ich sagen, das Gegenteil ist der Fall. Es wird Rücksicht genommen und Geduld aufgebracht, wenn ich etwas nicht sofort kann oder verstehe, was unter Männern ggf. anders ist. Und wenn ich unterschätzt werde, habe ich großen Spaß meinen Gegenüber eines Besseren zu belehren.
Jana: Du bist jetzt etwas mehr als ein Jahr bei uns. Was würdest Du Frauen, die sich beruflich umorientieren wollen, mitgeben oder empfehlen?
Sarah: Generell möchte ich jeden dazu ermutigen, den erforderlichen Schritt zu gehen. Auch wenn der Weg manchmal kurvig und steinig ist, ihr zwischendurch aufgeben wollt, beißt euch durch! Wenn ihr unzufrieden seid mit dem, was ihr macht und etwas anderes im Leben erreichen wollt, wenn sich eure Lebenssituation ändert (und das wird sie!) und ihr eine berufliche Veränderung braucht, traut euch! Informiert euch!
Und noch ein abschließender Tipp: Umschulungen bei Fachkräftemangel werden auch von der Agentur für Arbeit finanziell gefördert, damit die Entscheidung leichter fällt - es lohnt sich also!
Jana: Vielen Dank Sarah, für das spannende Interview.
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